9. Mai 2023

Dankbarkeit

Wenn es ein Wort gibt, das dieses letzte Jahr beschreiben sollte, dann ist es „Dankbarkeit“.

Noch nie habe ich ein Gefühl so tief in mir gespürt. Und erst im Nachhinein kann ich das so benennen, denn am Anfang und auch mittendrin, da habe ich mich oft gefragt „Warum?“. Und es waren oft Wut, Trauer und manchmal auch Verzweiflung, die meine Gefühle beherrschten. Dass ich heute zutiefst dankbar bin für alles, was passiert ist, das gibt mir großen Frieden.

Man kann das Leben immer erst rückwärts verstehen. Leben muss man es aber vorwärts. Und so ist es noch viel wichtiger, sich jeden Moment auf seine innere Stimme zu verlassen. Das habe ich gelernt. So oft hatte ich das Gefühl den Autopiloten eingeschaltet zu haben und einfach immer nur zu laufen. Alle Dramen, die auf mich einprasselten. Alle Gefühle, die in mir aufkamen. Alle Verluste, die ich hinnehmen musste. Meine innere Stimme war auf Durchhalten programmiert. Und es hat mich sicherlich gerettet, dass ich in diesem Jahr keinen Alltag zu bewältigen hatte. Keinen Job, dessen Anforderungen ich erfüllen musste. Mein Fokus lag zu 100 % auf mir. Was sicherlich ein großes Geschenk war, mir aber auch viel abverlangte.

Und so habe ich in der Zeit nicht gemerkt, wie mich all das an meine Grenzen gebracht hat. Körperlich sogar darüber hinaus. Dieses Jahr hat mir förmlich die Energie aus den Adern gezogen. Leise und schleichend. Bis ich am Ende nicht mehr konnte. Und es hat mich sicherlich gerettet, dass ich ein Leben in Freiheit leben konnte. Meine täglichen Spaziergänge, meine ausgedehnte Me-Time in Meditation und Journaling, meine Reisen, die mir so viel Freude gebracht haben. Aber auch die Möglichkeit, mich einfach auszuruhen, wenn es nötig war. Doch leise und schleichend hat es meinen Körper an den Rand seiner Kräfte gebracht. Zuerst die Trennung, dann die Phase der Bewerbung, in der ich haltlos und ahnungslos durch das Leben dümpelte. Es hat mich innerlich so viel Kraft gekostet, dass ich am Ende gar nicht mehr wusste, was ich eigentlich will.

Das tiefe Vertrauen ins Leben hat mir geholfen. Am Ende einfach mal die Füße hochzulegen und nichts mehr zu tun. Einfach zu warten, bis sich alles zusammenfügt. Das war anstrengend. Innerlich hat es mich fast zerrissen. Aber das Vertrauen war so groß und nun ist alles exakt so, wie ich es mir gewünscht habe. Mein Verstand hat jetzt endlich begriffen, dass es gut ist so und dass wir jetzt heilen dürfen.

Begreifen, heilen, abschließen. Das sind die Aufgaben dieser Tage. Ankommen, zur Ruhe kommen und einfach aufhören zu kämpfen. Dankbar sein, tief im Herzen. Denn auch wenn es schwer zu begreifen ist und wenn all diese tiefen Täler nötig waren, damit ich heute da stehe, wo ich bin. Ich bin so dankbar für jeden einzelnen Tag. Für all die Erfahrungen und die Schmerzen auf diesem Weg. Wenn ich mich so oft gefragt habe, warum dieses oder jenes sein musste und ob ich es vielleicht hätte ändern können, wenn ich an der einen oder anderen Stelle anders entschieden oder gehandelt hätte. Dann kann ich heute sagen, dass einfach alles gut ist. Denn eins hat mich nie verlassen: Das Gefühl durchzuhalten. Ich habe nie aufgegeben, ich hatte nie einen schlechten Gedanken. Ich war so oft verzweifelt und es fiel mir schwer zu begreifen. Aber vor jedem tiefen Tal war mein Gedanke „Hier gehst du durch und es wird dich am Ende stärker machen.“ Und so war es auch. Jede Herausforderung, jedes Drama hat mich wachsen lassen. Wachsen lassen zu einem Menschen, der jeden Tag ein Stückchen näher zu sich selbst kommt. Der aufhört zu kämpfen, gegen sich und gegen das Leben. Der einfach mal die Zügel aus der Hand gibt und das Leben fließen lässt. Der dem Leben manchmal auch einfach Platz macht, um sich zu entfalten. Und der am Ende dann diese tiefe Dankbarkeit für all das spüren darf. Und ein Mensch, der dann auch erfahren darf, dass kleine Wunder geschehen, die dein Herz hüpfen lassen und für all das entschädigen!

Und dann ist da aber auch noch diese Erschöpfung, die mir so tief in den Knochen sitzt. Die mich manchmal in die Knie zwingt. Und ich weiß heute, dass es nur ein weiteres Tal ist, durch das ich gehen muss. Das Schwierigste daran ist zu verstehen, dass es eben kein leichter Spaziergang war. Dass es kein Jahr voller Urlaub und Freude war. Das war es sicherlich auch, aber vor allem hat dieses Jahr mein komplettes 35 Jahre altes Leben auf den Kopf gestellt. Und das passiert halt nicht im Vorbeigehen. Das kostet Kraft. Manchmal zu viel Kraft. Aber das ist ok. Es ist ok, weil ich nun diese Diagnose haben und etwas tun kann. Weil ich verstehe, dass ich nichts falsch gemacht habe, sondern dass mein Körper einfach jeden Tag alles dafür gegeben hat, dass ich heute da stehe, wo ich stehe. Und das ist anstrengend. Und ich bin so dankbar, dass wir das zusammen geschafft haben. Ich darf aufhören ihn zu verurteilen, weil er mir diesen Speck auf den Hüften geschenkt hat, den ich gar nicht wollte. Der aber nötig war, um das hier alles zu überstehen. Und ich darf aufhören ihn zu verurteilen, dass er nicht so stark und kraftvoll ist, wie ich es gerne hätte, nach einem Jahr Auszeit und Erholung. Ich darf einfach dankbar sein, dass wir es bis hierhin geschafft haben.

Und jetzt wo sich alles fügt, jetzt dürfen wir uns ausruhen und wieder zu Kräften kommen. Zu verstehen, dass der Körper bis zum Letzten und darüber hinaus jeden Tag alles gibt, um eins nicht zu verlieren: Den Mut diesen Weg zu gehen und das Strahlen in meinen Augen und tief in meiner Seele, dass jeder Schritt des Weges genau richtig war.

Zu verstehen, was überhaupt passiert im Körper und dass alles mit allem zusammen hängt, gibt so viel Frieden. Und es ist ok um Hilfe zu fragen. Dieser Impuls einen Hormontest zu machen und damit selber Verantwortung zu unternehmen war so wertvoll. Gesagt bekommen, dass eine Grenze erreicht ist und die Unterstützung zu bekommen etwas dagegen zu tun. Das ist so wertvoll. Und nur so ist es möglich, jetzt einen Weg der Heilung zu gehen. Aber vor allem die Entscheidung zu treffen diesen Weg gehen zu wollen und selber tätig zu werden. Das habe ich gelernt. Niemand kommt und hilft dir, wenn du nicht darum bittest. Das System der Schulmedizin hilft dir nicht, denn die Diagnose der Nebennierenschwäche gibt es dort gar nicht. Frauengesundheit spielt eine untergeordnete Rolle. Sonst wäre vielleicht viel früher aufgefallen, in welche Richtung ich da laufe.

Aber auch das ändert heute nichts. Denn der Weg geht nach vorne. Und ich spüre in mir, wie die Energie zurückfließt. Wie alles in mir wieder zum Leben erweckt, wie die Lust aufs Leben und alle neuen Abenteuer zurückkommt. Ich freue mich so sehr auf die neuen Aufgaben im Job, die neue Umgebung hier zu entdecken. Mir hier ein neues Leben aufzubauen. Und ich darf noch achtsamer sein mit mir und meinen Ressourcen. Auch das habe ich gelernt und dafür bin ich vor allem eins: DANKBAR!

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